Audiophase verstehen
Erfahre, wie du Phasenprobleme in deinen Mixes identifizieren und korrigieren kannst.
Haben Mixes schon einmal "nicht ganz richtig" geklungen, aber du konntest nicht herausfinden, woran es liegt? Möglicherweise lag es an Phasenauslöschungen, einem weit verbreiteten Phänomen, das dazu führen kann, dass bestimmte Frequenzen aus deinem Mix verschwinden. Dieser Studiogrundlagen-Artikel soll dir helfen, Phasen und Phasenlage zu verstehen - was ist die Phase, warum ist sie wichtig ist und was bedeutet es, nicht in Phase zu sein.
Die Gesetze der Physik
Im Wesentlichen bezieht sich die Phase auf Schallwellen - oder einfach gesagt, die Schwingung der Luft. Wenn wir Geräusche hören, hören wir eigentlich Veränderungen im Luftdruck. Wie die Wellen, die ein ins Wasser geworfener Stein erzeugt, so entsteht auch der Klang durch die Bewegung der Luft. Und genau wie im Wasser erzeugen diese Bewegungen einen kräuselnden Effekt - Wellen mit Bergen und Tälern. Diese Wellen lassen unser Trommelfell vibrieren, und unser Gehirn übersetzt diese Information in Schallereignisse.
Wenn wir Geräusche aufnehmen, reproduzieren die Membranen unserer Mikrofone im Prinzip die Wirkweise unseres Trommelfells und vibrieren entsprechend dieser Wellen. Die Wellenberge bewirken, dass sich die Membran des Mikrofons in eine Richtung bewegt, während ihre Täler eine Bewegung in die entgegengesetzte Richtung erzeugen.
Die erste Abbildung unten zeigt, was passiert, wenn wir zwei Kanäle eines Signals in Phase haben. Wenn beide Kanäle in Phase sind, hören wir den Klang mit dem gleichen Amplitudenpegel zur gleichen Zeit auf beiden Ohren.
Wenn jedoch eine Seite des Stereosignals umgekehrt wird, wie in der zweiten Abbildung dargestellt, heben sich die Signale gegenseitig auf. Würden wir eine reine Sinuswelle verwenden, würde die gegenphasige Kombination beider Signale zu Stille führen, da sich die Klänge buchstäblich gegenseitig auslöschen würden.
In der Realität hören wir normalerweise keine reinen Sinuswellen. Da die meiste Musik, die wir hören und die Instrumente, die wir aufnehmen, eine komplexe Kombination aus mehreren Wellen und Oberwellen sind, sind die Ergebnisse der Phasenauslöschung ebenso komplex.
Im Studio
Bei der Aufnahme können Phasenprobleme schnell kompliziert werden. Daswird in der Regel dann zu einem Problem, wenn mehr als ein Kanal für die Aufnahme einer einzelnen Quelle verwendet wird, wie z.B. Stereo-Mikrofonierung einer Gitarre, Multi-Mikrofonierung eines Drum-Sets oder Verwendung einer Mikrofon/DI-Kombination für Bass. Da Schallwellen unterschiedlicher Frequenzen zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Mikrofone erreichen, ist die Wahrscheinlichkeit für ein Mikrofon, eine positive Phase zu empfangen, während ein anderes ein negatives Signal empfängt, viel höher, und die Beziehung zwischen all diesen Phasen kann unvorhersehbar sein. Je mehr Mikrofone im Spiel sind, desto unvermeidlicher werden tatsächlich einige Arten von Phasenproblemen.
Betrachten wir ein einfaches Szenario, wie die Stereoaufnahme einer akustischen Gitarre.
Meistens werden zwei Mikrofone aufgestellt, von denen eines auf das Schallloch zeigt, um die tiefen Frequenzen aufzunehmen, und das zweite auf den Hals und das Griffbrett, um den Attack aufzunehmen. Natürlich erstreckt sich der Frequenzbereich der Gitarre über mehrere Oktaven, was auch einen großen Bereich verschiedener Audiowellenlängen bedeutet. Da die Mikrofone einen festen Abstand zur Quelle haben, kommen diese verschiedenen Wellen an verschiedenen Stellen an.
Am Ende werden zwangsläufig einzelne oder mehrere Obertöne am Ende schwächer klingen als der Rest. Am besten wäre es, die Mikrofone sehr leicht zu verschieben - bis zu einem Bruchteil eines Zentimeters, kann das einen Unterschied machen - bis du den Optimalklang für deine Ohren erzielst. Eine andere Lösung wäre der Einsatz der M/S-Mikrofonierung, über die du in unserem Artikel zur
Mitte-Seite (MS) Technik in unseren Aufnahmegrundlagen lesen kannst.
Auch hier gilt: Je mehr Mikrofone in einer Aufnahme zum Einsatz kommen, desto größer ist das Potenzial für Phasenprobleme. Bei modernen Musikaufnahmen betrifft das vor allem Schlagzeugaufnahmen. Denk einfach nur an eine einzelne Snaredrum, die von oben und unten abgenommen wird. Da sich das obere und untere Fell der Trommel normalerweise direkt entgegengesetzt bewegen (wenn das obere Snare-Fell angeschlagen wird, bewegt es sich nach unten und bewirkt, dass sich das untere Fell nach außen bewegt), zeichnen die beiden Mikrofone Signale auf, die direkt gegenphasig sind.
Nimm jetzt noch das Hi-Hat-Mikrofon, ein Paar Overheads, mindestens ein Mikrofon an der Bass-Drum und eines an jedem Tom. Jetzt kommen noch die Raummikrofone hinzu und du bekommst eine Klangsuppe, die prädestiniert ist für Phasenprobleme. Aus diesem Grund bieten viele Mikrofone sowie Mikrofonvorverstärker und Konsolen einen Phasenumkehrschalter. Das ist auch der Grund, warum viele "Old School"-Toningenieure geradezu nostalgisch werden, wenn sie ein Drum-Kit mit nur zwei oder drei Mikrofonen aufnehmen!
Es gibt viele andere Fälle, bei denen Phasenprobleme in deinen Aufnahmen auftauchen können. Beispielsweise kann eine direkt aufgenommene Bass-Spur (DI) viel zu sauber klingen. Nimmst du dann den Bassverstärker mit einem Mikrofon ab und mischt die beiden Sounds, kann dies den zusätzlichen, notwendigen "Druck" geben, den die Bass-Spur benötigt - aber es kann auch Phasenprobleme verursachen.
Prüfe deine Lautsprecher
Phasenauslöschung kann auch dadurch entstehen, dass Lautsprecher einfach falsch angeschlossen werden und die Polarität eines Kanals versehentlich umgekehrt wird. Es kommt erstaunlich oft vor, dass viele Heim- und sogar Projektstudios ihre Monitore phasenverschoben verkabelt haben. Unter Umständen wird es ohne sorgfältiges Hören nicht einmal entdeckt. Obwohl dies allgemein als "phasenverschobene Verkabelung" bezeichnet wird, ist es technisch gesehen eine Frage der Polarität. Der hörbare Effekt dieser Polaritätsumkehrung ist allerdings derselbe wie bei der Phasenauslöschung.
Deine Lautsprecher überprüfst du am einfachsten, indem du den Mix auf Mono summierst (mehr dazu später). Bei vielen Stereoanlagen und den meisten Mischpulten passiert das auf Knopfdruck, aber sogar bei Stereoanlagen gibt es einige Anzeichen von Phasenproblemen.
Wie klingt ein Phasenproblem? Da die Phasenauslöschung am deutlichsten bei Sounds mit tiefen Frequenzen auftritt, ist das hörbare Ergebnis von Lautsprechern mit falscher Phasenlage typischerweise ein dünner Gesamtsound mit wenig oder keinem Bass. Ein weiteres mögliches Resultat sind Bass-Drums oder Bassgitarren, die sich um den Mix herum bewegen und nicht von einem festen Punkt kommen.
Ein weiteres häufiges Artefakt phasenverschobener Stereomixes ist, dass Signale, die in die Mitte gelegt werden, verschwinden, während Klänge, die hart auf eine Seite gepant werden, erhalten bleiben. Das lässt sich häufig bei einer Lead-Stimme oder einem Instrumentensolo beobachten - die Lead-Stimme verschwindet dann und man hört nur noch den Hall. Tatsächlich funktionieren auf diese Weise viele der alten Karaoke-Boxen - sie drehen die Phase einer Seite des Stereomixes um und gehen davon aus, dass in den meisten kommerziell aufgenommenen Tracks die Lead-Stimme fest in die Mitte gemischt wird.
Was ist also die Lösung?
Wie bei den meisten Dingen ist die Antwort "es kommt darauf an". Angenommen, du erkennst ein Phasenproblem während der Aufnahme: Die Lösung ist hier das einfache Verschieben eines Mikrofons oder das Drehen der Phase auf einem Mikrofon oder im entsprechenden Eingangskanal.
Beim Versuch, den Raum gut aufzunehmen, gibt es auch einen schnellen Cheat: die 3:1-Regel der Mikrofonplatzierung. Einfach ausgedrückt bedeutet es: Verwendest du zwei Mikrofone für die Aufnahme einer Quelle, dann versuche das zweite Mikrofon in einem dreimal so großen Abstand vom ersten Mikrofon entfernt zu platzieren, den das erste Mikrofon von der Quelle hat. Wenn also das erste Mikrofon 30 cm von einer Quelle entfernt ist, sollte das zweite Mikrofon 90 cm vom zweiten Mikrofon entfernt aufgestellt werden. Der Einsatz dieser einfachen 3:1-Regel kann Phasenprobleme minimieren, die durch die zeitliche Verzögerung zwischen den Mikrofonen entstehen.
Tritt das Problem erst beim Mischen auf, kannst du natürlich oft einfach die Spuren in der DAW aufziehen, nah an die Wellenformen heran zoomen und eine Spur einen Tick verschieben. Es wird dich überraschen, welchen Unterschied es machen kann, eine Spur um ein oder zwei Millisekunden zu verschieben. Es gibt auch einige sehr effektive Plug-Ins zur Phasenausrichtung, mit denen man den Phasennebel wirklich gut auflösen kann - und die sogar als großartige Kreativwerkzeuge dienen - eines davon ist das UAD Little Labs IBP Phase Alignment Tool Plug‑In.
Zusammenfassung
Wir haben hier nur an der Oberfläche gekratzt, denn unterm Strich sind Phasenprobleme eine Tatsache des Lebens und praktisch unvermeidlich.
Die erste Aufgabe ist es, das Problem zu erkennen. Die meisten Phasenprobleme zeigen sich nicht in Stereo und erscheinen nur, wenn du deinen Mix auf einen summierten Mono-Kanal zusammenmischt. Deshalb ist es entscheidend, dass du deine Mixes im Mixdown regelmäßig in Mono überprüfst. Warte nicht bis zum fertigen Mix, um ihn auf Mono zu summieren. Überprüfe die Basisspuren, besonders Drums und Bass, frühzeitig, wenn das Arrangement und der Mix weniger dicht sind und noch weniger Dinge im Mix passieren. Jedes Mal, wenn du weitere Instrumente hinzufügst, den EQ eines Tracks änderst oder einen weiteren Reverb lädst, prüfe die Phaselage erneut in mono.
Wie so oft gilt: Je eher du ein Phasenproblem bekommst, desto einfacher ist es auch, es zu beheben. Happy Mixing!
— Daniel Keller
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